HANDBALL inside | Ausgabe #48 6/2022

AUSGABE #48 6/2022 127 INTERVIEW Herr Westebbe, im Januar steht die WM in Polen und Schweden an. Spielt das Thema Nationalmannschaft in Ihrem Leben noch eine bedeutende Rolle? Klaus Westebbe: Ich bin da nicht mehr so involviert wie früher, aber natürlich interessiert mich das noch. Ich bin eng befreundet mit Paul Drux und dessen Eltern, und angesichts dieser Verbindung ist das Interesse natürlich lebendig. Wie kommt diese Verbindung zustande? Westebbe: Ich habe Paul betreut, als er damals hier in Gummersbach in der Akademie war. Daher kenne ich ihn und seine Eltern, mit denen wir befreundet sind. Andererseits rede ich mit dem Paul nicht viel darüber. Das ist seine Sache, und da will ich mich überhaupt nicht einmischen. Sie selbst haben es in Ihrer Karriere auf 52 Länderspiele, eine Olympia- und eine WMTeilnahme gebracht. Angesichts Ihrer außergewöhnlichen Qualität als Kreisläufer ist das weniger als es hätte sein können, oder? Westebbe: Nach den Enttäuschungen bei Olympia 1972 in München und bei der WM 1974 in der DDR wurde – wie bekannt ist – Vlado Stenzel zum Bundestrainer. Und der war nicht Ihr bester Freund … Westebbe: … ach, ich hatte mit ihm eine Auseinandersetzung. Vielleicht war das auch ein wenig voreilig von mir, mich Anfang 1975 von der Nationalmannschaft komplett zurückzuziehen. Aber heute hege ich keinerlei Groll gegen Vlado. Wie ist Ihre Entscheidung damals denn zustande gekommen? Westebbe: Wir hatten damals Streit, und danach war für mich klar, dass ich nicht unter ihm spielen würde. Er war der Meinung, dass ich für ihn nicht der richtige Kreisläufer bin. Das hatte vielleicht mit meiner Spielweise zu tun, die nicht so spektakulär war wie die vom Horst Spengler beispielsweise. Aber das müssen Sie Stenzel fragen. Trauern Sie den Dingen von damals hinterher? Westebbe: Nein, überhaupt nicht. Ich war zwar zunächst sauer auf Vlado, aber wir haben uns später darüber unterhalten, und seither ist die Sache für mich erledigt. Da bin ich nicht nachtragend. Sie hätten 1978 Weltmeister werden können. Westebbe: Sicher, das wäre ein toller sportlicher Höhepunkt. Aber es hat nicht sollen sein. Und ich bin darüber nicht traurig. So richtig bedauert habe ich das nie, aber vielleicht war es damals schon ein wenig dumm von mir, so rigoros zu reagieren. Ich hätte diplomatischer sein und die Dinge auch einfach abwarten können, aber in dem Moment war die Situation zu festgefahren. Dafür haben Sie andererseits die großen Zeiten des VfL Gummersbach mitgemacht und mitbestimmt. Sie sind mehrfach Meister, Pokalsieger und Europacup-Gewinner geworden. Eine beeindruckende Erfolgsstory. Das war sicher eine großartige Zeit. Westebbe: Keine Frage, aber wir hatten über all die Jahre stets eine großartige Mannschaft beisammen. Vor allem auf der zentralen Position hatten wir mit Hansi Schmidt, mit Joachim Deckarm und später auch mit Erhard Wunderlich großartige Akteure – die besten ihrer Zeit. Es hat immer sehr viel Spaß gemacht, in Gummersbach zu spielen, weil hier stets eine Mannschaft am Start war, die hungrig auf Titel war. Man kann das mit dem FC Bayern München im Fußball vergleichen.  „Das wäre ein toller Höhepunkt gewesen” Klaus Westebbe, 73, war als Kreisläufer Teil der sagenhaften Gummersbacher Mannschaft in den 1970er Jahren. Doch weil Bundestrainer Vlado Stenzel ihn nicht wollte, war er beim WM-Gewinn 1978 nicht dabei.

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