HANDBALL inside | Ausgabe #48 6/2022

18 AUSGABE #48 6/2022 Immer dann, wenn sich die deutschen Handballer in der Vergangenheit auf den Weg zu einer Großveranstaltung machten, hatten sie stets eine Zielvorgabe seitens der Verbandsführung im Gepäck. Und fast immer lautete das Mantra: Das Halbfinale soll es schon mindestens sein, das sei doch nun einmal der Anspruch des größten Handballverbandes der Welt. An diesem Ziel aber scheiterte die Auswahl des Deutschen Handballbundes weit häufiger als dass es gelang, sich unter die besten vier Teams der Welt zu spielen. Seitdem Heiner Brand den Posten des Bundestrainers nicht mehr bekleidet – er trat vor elf Jahren zurück –, gelang das nur noch 2016 bei der EM und bei Olympia und 2019 bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land. Gut möglich, dass das einer der Gründe ist, weshalb sich die Verbandsoberen im Vorfeld der Weltmeisterschaft 2023 in Polen und Schweden mit Erwartungen und Ansprüchen dieser Art diesmal dezent zurückhalten. „Grundsätzlich wollen wir das auch diesmal wieder, aber auf dem internationalen Handballmarkt haben sich mittlerweile viele Mannschaften auf ein hohes Niveau gespielt”, sagt Axel Kromer. „Mittlerweile ist jedes Spiel sehr fordernd.” Der Vorstand Sport des Verbandes kennt dabei die Mechanismen des Marktes zu gut. Werden hohe Ziele verfehlt, wird vieles infrage gestellt. Und das wollen sie beim DHB ein gutes Jahr vor der Europameisterschaft im eigenen Lande unbedingt vermeiden. Und nicht nur das: In der Folge der Heim-EM soll nicht nur die Olympia-Qualifikation gelingen, sondern nach Möglichkeit auch bei Olympia selbst eine Medaille herausspringen. Insofern überlassen Kromer und Co. solche Einschätzungen inzwischen lieber den Spielern selbst. „Eine Zielformulierung ist letztlich eine Sache”, sagt er, „die entwickelt sich aus dem Team heraus.” Zudem begleitet die Mannschaft ein gerüttelt Maß an Ungewissheit auf dem Weg zur Vor- und hochwahrscheinlich auch zur Hauptrunde ins polnische Kattowitz. Der Umbruch, den Bundestrainer Alfred Gislason – zum Teil notgedrungen – einleiten musste, verlief holpriger als geplant. Schuld daran waren vor allem die Pandemie und die daraus resultierenden Folgen, die auch jene Europameisterschaft im Januar 2022 zur Farce hatte werden lassen. „Da wollten wir eigentlich schon die ersten Schritte auf dem Weg zur EURO 2024 machen”, sagt Kromer. Doch rund eineinhalb Dutzend coronabedingte Ausfälle und ebenso viele Nachnominierungen gaben zwar vielen Spielern die Möglichkeit, sich zu präsentieren, aber an eine ordentliche Arbeit mit der Mannschaft war überhaupt nicht zu denken, weil die Spieler im slowakischen Bratislava in Jogginghose und mit Mundschutz in der Halle standen. Keine idealen Voraussetzungen für Profisport. Kromer weiß, dass die deutsche Mannschaft nun raschere und größere Entwicklungssprünge machen muss. „Wir backen in der Öffentlichkeit kleine Brötchen, wollen aber intern sicher auch mal wieder gegen Gegner wie Frankreich gewinnen.” Insofern ist im Dezember 2022 lediglich gewiss, dass vieles ungewiss ist. Sicher aber ist mittlerweile, aus welchem Pool der Chef-Übungsleiter der deutschen Ballwerfer seinen 18erKader für die WM auswählen darf. 35 Spieler musste Gislason im Spätherbst benennen, unter denen erstaunlicherweise mit Linksaußen Rune Dahmke lediglich ein Kieler Spieler vertreten ist. Nach den Rücktritten von Steffen Weinhold und Patrick Wiencek und der selbst verordneten Nationalmannschaftspause von Hendrik Pekeler eine nahezu folgerichtige Entscheidung des Bundestrainers. „Das sind Sachen, die uns wehtun”, sagt Kromer, der ebenso wie Gislason aber nach wie vor im Gespräch mit Pekeler ist. „Dass er eine Pause macht, ist nachvollziehbar, aber in meinem Verantwortungsbereich nicht wünschenswert. Es gibt einen Fahrplan für seine Rückkehr, aber das ist aktuell nicht die Zeit, das zu kommunizieren.” Klingt danach, als  Keine Durchgangsstation Bundestrainer Alfred Gislason soll mit seinem neu formierten Team rund um Spielmacher Juri Knorr bei der WM abliefern. Gleichzeitig muss das Team für die EURO 2024 lernen.

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