HANDBALL inside | Ausgabe #48 6/2022

56 AUSGABE #48 6/2022 WM 1964: DEUTSCH-DEUTSCHE FREUNDSCHAFT Sie waren beide Jahrgang 1939 und Hanseaten. Und dennoch hatten der Rostocker Klaus Langhoff und der Hamburger Fritz Bahrdt bis zur WM 1964 in der CSSR nichts miteinander zu tun gehabt. Damals spielten sie trotz gleicher Muttersprache in verschiedenen Mannschaften: Langhoff im Trikot des Deutschen Handballverbandes und Bahrdt in dem des Deutschen Handballbundes. Die DHBAuswahl hatte das innerdeutsche Duell in Gottwaldov, Südmähren, mit 12:10-Toren gewonnen, und weil die DHV-Auswahl danach gegen Jugoslawien unterlag, musste das Team von Heinz Seiler die Heimreise antreten. Am Abend zuvor aber trafen sie sich noch im Hotel Moskva, dem Quartier der Teams in Gottwaldov, und zwar bei Bahrdt, der sein Zimmer mit Hinni Schwenker teilte. „Ich bin da mit Hans Beier hin“, erzählt Langhoff. „Und dann haben wir uns ordentlich einen gesoffen.“ Bahrdt, sagt Langhoff, „war mir von Anfang an sehr sympathisch. Wir waren einfach auf einer Wellenlänge.“ Dieser Abend jedenfalls war, obwohl die beiden Deutschlands viele Jahre eine Mauer trennte, der Beginn einer Freundschaft. Wenn sich eine Gelegenheit ergab, trafen sich die beiden Handballer, auch nach ihrer Karriere. Dass die Staatssicherheit davon Wind bekommen konnte, war Langhoff egal. Etwa bei der WM 1978, als Langhoff dem Chefcoach Paul Tiedemann assistierte. „Auf einmal standen drei Flaschen Whiskey bei mir im Zimmer, da wusste ich, dass Fritz auch in Kopenhagen war“, erzählt Langhoff. Sie feierten dort ihr Wiedersehen. Und die Freundschaft der beiden Hanseaten hielt über 58 Jahre. Bis heute. WM 1970: SCHUH-KRIEG Bernhard Weckenbrock kannte das Geschäft. Bevor er 1963 in Kevelaer am Niederrhein die „Hummel Sportschuhfabrik“ gründete, war er bei den Branchenführern Adidas und Puma in die Lehre gegangen, daher wusste er um den Wert persönlicher Kontakte zu den Sportlern. Einer der ersten Hummel-Testimonials war Herbert Lübking aus Dankersen, für dessen Sohn Weckenbrock sogar Taufpate wurde. Überhaupt konzentrierte sich der junge Unternehmer zunächst auf den Handball, weil die Verträge dort weniger kostspielig waren als im Fußball. Im Jahr 1968 gelang Weckenbrock hier ein Coup, als Hummel mit dem DHB einen aus heutiger Sicht kuriosen Ausrüstervertrag abschloss, weil auch Adidas mit dem Dachverband verbandelt war. Fortan trugen die westdeutschen Handballer nun abwechselnd Hummel- und Adidas-Schuhe, so auch bei der WM 1970 in Frankreich. So fanden Fotos in die Zeitung, auf denen die Spieler Hummel-Jacken trugen und Adidas-Schuhe. Die 20.000 D-Mark, die Hummel dafür berappte, seien gut investiert gewesen, erinnerte sich Weckenbrock 2016, kurz vor seinem Tod. Noch günstiger war der Deal mit den Polen. „Vor der WM 1970 bin ich nach Paris zu den Polen gefahren und habe denen Hummel-Schuhe geschenkt, die haben sich gefreut und wir hatten bei der WM eine gute Werbung“, sagte Weckenbrock. Als er die Firma im Jahr 1984 nach Dänemark verkaufte, war Hummel der drittgrößte Sportartikler der Welt. Die Konkurrenz schlief frei1964: erstes deutsch-deutsches Duell bei der WM Fotos: Sammlung Eggers

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