HANDBALL inside | Ausgabe #48 6/2022

100 AUSGABE #48 6/2022 Termin, auf den die Spielerin drängt, kommt aber erst nach einem Trainingslager zustande. Und nun fragt Mutter Zschocke an diesem 24. August noch einmal bei Heiermann nach, ob er den Trainer befugt habe, eine Suspendierung anzudrohen. Ihr zufolge weicht der Abteilungsleiter aus. Das, was er erwidert, gibt das Protokoll in indirekter Rede wieder: „Es hätte auch in der Vergangenheit Spannungen gegeben, und man könne sich nicht ausmalen, wie einzelne Spielerinnen AF deutlich ‚unter der Gürtellinie‘ behandelt hätten. Das seien ganz andere Geschichten gewesen, es seien nicht alle Spielerinnen charakterlich so top, und AF sei in der Vergangenheit schon so schlimm behandelt worden, da Spielerinnen Lügen über ihn in die Welt gesetzt hätten.“ Auf diese Aus f ührungen reagiert die Mutter scharf. Sie fragt Heiermann, ob er damit auch Amelie Berger und Mia Zschocke der Lüge bezichtige. Heiermann verneint. Andrea Zschocke liest daraufhin weitere Protokolle ihrer Tochter vor, aus denen hervorgeht, wie der Trainer ihre Tochter am 5. August unter Anwesenheit einer anderen BVB-Spielerin erneut unter Druck gesetzt habe, Fehlverhalten einzugestehen. Heiermann wird klargemacht, dass die Szene des Frauenhandballs weitgehend informiert sei über Grenzüberschreitungen seines Trainers. Es gebe Nationalspielerinnen, die nicht unter dem Vereinstrainer Fuhr spielen wollten. Und auch Juniorinnen, die wegen des Bundestrainers Fuhr die U 20-WM abgesagt hätten. Andrea Zschocke berichtet zudem von einem Gespräch mit der Mutter einer Nationalspielerin im Februar. Als sie erwähnte, Fuhr sei ein schwieriger Mensch, habe diese lakonisch geantwortet: „Ach? Hat er wieder angefangen, die Frauen zu stalken?“ Woraufhin Heiermann dem Protokoll zufolge entgegnet, dass Fuhr, der unbestreitbar „einer der besten Frauentrainer Deutschlands sei“, Probleme mit einzelnen Spielerinnen habe, die es bei jedem Trainer geben könne. Daraufhin liest nun Oliver Berger aus einem Protokoll seiner Tochter vor, die wegen ihres Kreuzbandrisses im Februar erst in der Vorbereitung wieder zur Mannschaft gestoßen war – und sich sehr unwohl fühlte. Darin beschreibt sie, der Trainer habe sie Anfang August, am Rande des Vorbereitungsturniers in Kirchhof, zu einem Vier-Augen-Gespräch in einem verschlossenen Raum gezwungen, obwohl sie dagegen protestiert habe. Auf ihren Wunsch, das Gespräch aufzuzeichnen, habe er geantwortet: „Ich bin hier der Boss, ich bestimme, was Du zu tun und zu lassen hast.“ VIER-AUGEN-GESPRÄCH Sie verbreite immer nur negative Stimmung, wirft der Trainer ihr laut Protokoll vor, sie rede immer schlecht über den Verein. Er sagt, sie müsse einen Schritt zurück machen und ihr Comeback verschieben. Sie müsse auch aufhören, sich wie ein Kindergartenkind aufzuführen, er wolle sie zu einer Führungsspielerin machen. Woraufhin sie entgegnet, unter solchen Umständen keine Führungsspieler in sein zu wollen. Berger fasst das Gespräch als Drohung auf. Sie fürchtet, der Trainer werde sie sanktionieren, wenn sie nicht kooperiere. Als Amelie ihren Eltern davon berichtet, schalten sich die Eltern Zschocke und Berger spontan zusammen. Oliver Berger bezeichnet das Verhalten Fuhrs im Termin vom 24. August als Nötigung und Freiheitsberaubung. Woraufhin Heiermann besorgt bei Amelie Berger nachfragt, ob der Trainer sie angefasst habe, was sie verneint. Doch in diesem Zusammenhang kommt nun die sexuelle Belästigung einer Mitspielerin des BVB aus dem STORY HEIERMANN LEHNT STELLUNGNAHME AB Unsere Redaktion hat, wie es sich für handwerklich sauberen Journalismus geziemt, dem ehemaligen Handball-Abteilungsleiter des BVB, Andreas Heiermann, die Möglichkeit gegeben, sich umfassend zu der Sache zu äußern. Das betraf etwa die Frage, wann er den damals noch amtierenden Gesamtvorsitzenden des BVB, Dr. Reinhard Rauball, über die Causa informiert hat – und warum er insbesondere Mia Zschocke nach den Kündigungen öffentlich diskreditierte. Über seine Rechtsanwältin ließ Heiermann mitteilen, die Fragen nicht beantworten zu können und zu wollen. IN EIGENER SACHE Der Autor dieses Textes, HANDBALL inside-Redakteur Erik Eggers, hat an der Enthüllungsgeschichte des SPIEGEL mitgewirkt, die am 21. Oktober über die umfassenden Missbrauchsvorwürfe detailliert berichtete.

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