HANDBALL inside | Ausgabe #48 6/2022

110 AUSGABE #48 6/2022 Wie haben Sie dieses Turnier erlebt, bei dem Sie ja Vize-Weltmeister wurden? Landin: Ich war im Vorfeld sehr nervös und habe sogar mit einem Mentalcoach darüber gesprochen, wie zwei international nicht so erfahrene Torhüter, wie Sörenn und ich, mit den großen Fußstapfen, die Kasper Hvidt hinterlassen hat, umgehen sollen. Er sagte, geh mal rein und schau‘, wie es funktioniert. Du bist im Kader, weil alle glauben, dass du Bälle halten kannst. Dann kam ich relativ gut ins Turnier. Und wenn du vor einer Kulisse mit 11.000 dänischen Fans spielst, deren Unterstützung du über die 60 Minuten spürst, dann entsteht eine Art Rausch und das Team fühlt sich unaufhaltbar. Unsere Mannschaft war eine perfekte Mischung aus Routiniers und jungen Spielern und die ganze WM fühlte sich an wie eine große, endlose Freude, Handball zu spielen! Mit der Medaille in der Tasche kannte Sie plötzlich die ganze Handballwelt. Wie schnell haben Sie realisiert, dass Sie nun selbst zu den Besten der Besten gehören? Landin: Zunächst gar nicht. Bei jedem Kompliment sagte ich immer: ja, ja. Aber ich zählte mich selbst gar nicht zu den Besten. Und auch heute finde ich noch Punkte, die ich weiter an meinem Torwartspiel optimieren möchte. Ich will immer einfach weiter trainieren und noch besser werden. Wenn man sich mit seiner Leistung zufriedengibt, dann gibt es nur noch einen Weg und der führt wieder nach unten. Das war mir immer schon bewusst. Im Januar 2012 sind Sie Europameister geworden. Danach kam niemand mehr an Ihnen vorbei. Können Sie sich an diese Erfolge noch gut erinnern? Landin: Ja, diese Momente bleiben für mich unvergessen. Wobei ich dazu den Anblick irgendwelcher Medaillen nicht brauche. Vieles war in Kartons verstaut, bis mein siebenjähriger Sohn Pelle mir unerwartet die Frage stellte: Papa, was hast Du eigentlich gemacht, bevor ich geboren bin? Dann haben wir zusammen die Kiste geöffnet und ich habe ihm über die Europa- und Weltmeisterschaften erzählt. Seitdem sind die Medaillen in einer Schublade und sind zum Spielen freigegeben. Nach der EM 2012 wechselten Sie in die Bundesliga. Normalerweise träumen dänische Handballer von Kiel und Flensburg, Sie wollten unbedingt zu den Löwen. Wieso? Landin: Damals habe ich auch mit dem THW gesprochen. Doch die Tatsache, dass hier Thierry Omeyer im Tor stand, versprach zunächst nicht viele Spielanteile. Bei den Löwen gab es seinerzeit einen Umbruch, Andy Schmid kannte ich schon aus Silkeborg, den Trainer Gudmundur Gudmundsson von GOG und es konnte eigentlich nur gut werden. Heute lieben Sie die Liga und die Liga liebt Sie. Wussten Sie im Vorfeld damals schon viel darüber, wo Sie eigentlich hinkommen? Landin: Vor elf Jahren wusste ich nicht viel. Flensburg hatte man wegen den vielen dänischen Spielern noch auf dem Schirm, aber das war’s auch schon. Mein Bild hat sich natürlich nach der Ankunft schnell verändert. Sie kamen sowohl sportlich als auch menschlich sehr schnell im Löwenrudel an. Landin: Das war eine fantastische Zeit. Wir haben alle mitten in Heidelberg gewohnt, eine wunderschöne Stadt voller Studenten, und auch als Mannschaft viel Zeit außerhalb der Halle zusammen verbracht. Sportlich waren diese drei Jahre unglaublich wichtig für meine eigene Entwicklung. Auch wenn wir am Ende die Meisterschaft nur wegen des schlechteren Torverhältnisses knapp und bitter verpasst haben, war es die absolut richtige Entscheidung, nach Mannheim zu wechseln. Unser Team stand kontinuierlich unter den Top Drei, übertraf mit dem schnellen Erfolg die Erwartungen des Umfeldes und legte wichtige Grundsteine für die Zukunft. Ein historischer Moment war der Sieg des EHF-Cups 2013, der erste Pokal der Löwen-Vereinsgeschichte. Landin: Das war ein wichtiger Meilenstein. Vor allem bei Uwe Gensheimer und Patrick Groetzki, die schon eine Ewigkeit bei den Löwen spielten, konnte man sehen, wie viel dieser Titel für die Menschen aus der Region bedeutet. Zwei Jahre später wechselten Sie zum THW. Mit welchem Gefühl haben Sie nach Mannheim geschaut, als die Löwen nach Ihrem Weggang gleich zweimal die Meisterschaft gewannen? Landin: Heute kann ich das eingestehen: Das war eine schwierige Zeit. Für meine Freunde habe ich mich sicherlich persönlich gefreut. Wenn allerdings dein Ex-Team die Meisterschaft direkt nach deinem Wechsel gleich zwei Mal hintereinander gewinnt, ist das für das eigene sport- „ WENN DEIN EX-TEAM DIE MEISTERSCHAFT DIREKT NACH DEINEM WECHSEL GLEICH ZWEI MAL GEWINNT, IST DAS FÜR DAS SPORTLICHE EGO KEIN SCHÖNES GEFÜHL“

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